schneeraben.de - Philosophische Reisevorbereitungen von Thomas H. Jäkel

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Das Skriptorium

 

 

Das Männchen auf dem Schrank

von Thomas H. Jäkel

 

 

 

Das Licht hat sich fast ganz verloren,

in den schmalen Fäden dieser Nacht,

wo das Dunkel liebevoll verdeckt,

was der Tag dem Licht so gern verriet.

 

Von der so starken Hand des Lebens,

wurdest du aus weichem Holz geschnitzt

und trotz hartem Lack und greller Farbe,

hast du die Liebe stets vermisst.

 

Sie hatten Spaß dich umzuwerfen,

dir hier und da mit kleinen Stößen,

zu nehmen, was dir wichtig war,

um sich in deiner Angst zu baden.

 

Ja, du hast sie alle überlebt,

bliebst nie für lang vor ihnen liegen

und hast in deinem eignen Blut,

doch nie das wahre Ich verloren.

 

Man nennt dich Stehaufmännchen,

Schwächling und selbst Troll,

doch wenn du stolz ins Leben blickst,

erkenne ich den Held in dir.

 

Der Mond erhellt nun sanft die Narben,

die Risse, die den Lack zerbrachen,

und jedes dieser Lebenszeichen,

macht dich so schön wie Eichenlaub.

 

Dein Blick verrät die Einsamkeit,

doch hast du die Wut vergessen,

die dich umgab in jungen Jahren,

als du noch gerne bei uns warst.

 

Wohin, mein Freund, zieht dich das Leben,

auf welchem Weg kann ich dich finden,

wenn eines Tags das Licht erlischt

und du nicht mehr zu finden bist.

 

Hast du denn je gelebt?