schneeraben.de - Philosophische Reisevorbereitungen von Thomas H. Jäkel

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Das Skriptorium

 

 

Gutes Personal

von Thomas H. Jäkel

 

 

In der Tat, eine der anspruchsvollsten Aufgaben eines Managers ist der Aufbau einer qualifizierten, motivierten und schlagkräftigen Mannschaft. Aber dabei bleibt es nicht, denn jedes Team muss auch professionell geleitet und geführt werden, um auf die Dauer die erwarteten Ergebnisse zu erbringen. Immer wieder muss man jedoch feststellen, dass Mitarbeiter gleich nach der zumeist sehr aufwendigen Auswahl und Einstellung dann allein gelassen werden und sich zum Selbstläufer entwickeln müssen. Enttäuschung macht sich da auf allen Seiten breit und leider ist es meist der Manager, der einfach nicht erkennen will, dass der Fehler am Versagen der Truppe eigentlich bei ihm selbst zu suchen ist. Doch nicht nur im Sport kann ein Trainerwechsel Wunder bewirken, auch im täglichen Geschäft blühen ganze Abteilungen auf sobald ein neuer Chef das Ruder in die Hand nimmt und neue Wege geht ohne einen einzigen Mitarbeiter auszuwechseln.

 

Mitarbeiter sind so gut wie die Führungsqualitäten ihrer Vorgesetzten und die amerikanische Regel „put the right man on the right job“ hat da nichts an ihrer Bedeutung verloren. Und doch wird ein jedes Versagen ganz instinktiv immer erst einmal dem Mitarbeiter angelastet. Der Chef ist außen vor und wird ob seiner schweren Last auch gleich noch bemitleidet. Diese Taktik ist auch bekannt als „klagen ohne zu leiden“ und so mancher hat die inzwischen weit verbreitete Bezeichnung „human resources“ auch nur als neue Wortschöpfung für die altbekannte Personalabteilung abgetan und die sich hierin verborgenen Änderungen auch gleich schlicht ignoriert. Anders als bei Geld oder Rohstoffen wird leider aus dem Wirtschaftsfaktor Mensch in den meisten Unternehmen nichts oder viel zu wenig gemacht. Diese Ressourcen bleiben sprichwörtlich ungenutzt - angesichts des steigenden Wettbewerbs eine ausgesprochen verschwenderische Art mit Ressourcen umzugehen.

 

Zunächst muss erkannt werden, dass eine strategische und konsequente Mitarbeiterentwicklung sowie der Aufbau von entsprechenden Informationssystemen von den Firmen vernachlässigt wird. Konzepte zum effektiven Personalaufbau und zur Personalentwicklung sind in den meisten Firmen noch immer im Anfangsstadium und somit folgen entsprechende Personalentscheidungen keiner Systematik sondern eher dem Zufallsprinzip. Uns allen sind die Auswahlkriterien bekannt, wenn große Projekte gewonnen, neue Abteilungen aufgebaut oder allgemeine Beförderungen durchgeführt werden. Da kann schon mal die Sekretärin zur tragenden Säule des Vertriebes werden und der Buchhalter findet sich plötzlich in der Position des Projektleiters wieder. Auch wenn solche Entscheidungen der Not der Situation folgen und der betroffene Manager wegen seiner Flexibilität und Entscheidungsfreude gelobt wird, so ist keineswegs zu verkennen, dass derartige Aktionen oft in völligem Widerspruch zur Firmenplanung, Produktpolitik oder dem Firmenimage stehen. Personalplanung und Personalentwicklung ist ein wesentlicher Teil des Geschäftes und muss daher in engster Abstimmung mit der Unternehmensplanung einhergehen.

 

In dieser Funktion muss Personalplanung auch direkt in die Unternehmensstrategie einbezogen werden und sich als integraler Bestandteil aller Bereiche des Unternehmens entwickeln. Eine Personalabteilung muss heute auch weit mehr leisten als die Einstellung von neuen Mitarbeitern, Gehaltsabrechnung oder Verwaltung der Arbeitsverträge. Vielmehr gehört es zu den Aufgaben einer modernen Personalabteilung die Produktpolitik, neue Märkte und Technologien, sowie das Image der Firma durch entsprechende Personalmaßnahmen zu ermöglichen, unterstützen und zu fördern. Leider wird diese wichtige Aufgabe mit wahllosen Trainingsveranstaltungen, Betriebsausflügen oder Erhöhung von Sozialleistungen vertan ohne auch nur eine einzige Verbesserung der Leistungsfähigkeit des eigenen Unternehmens zu erreichen.

 

Die Formel „Fachkenntnis rein - Leistung raus“ geht nicht auf und schon gar nicht hier in Thailand. Sie kennen diese Gespräche: „Mein Mitarbeiter soll auf diese Lehrgänge gehen“ und die Personalabteilung antwortet gelassen: „Na gut, wann sollen wir ihn anmelden und wohin sollen wir die Kosten verrechnen?“ Personalabteilungen werden ihrer Aufgabe in keiner Weise gerecht, wenn die Verantwortung abgegeben und nur noch verwaltet wird. Mitarbeiter müssen in ihrer Funktion innerhalb der Organisation betrachtet, beurteilt und gefördert werden. In vielen Firmen liegt aber bereits die Initiative für entsprechende Fortbildungsmaßnahmen in den sicheren Händen des einzelnen Mitarbeiters selbst, der bei seinem Chef vorstellig wird und um die Teilnahme an Trainingsmaßnahmen anfragt. Außer Betracht bleibt die Einordnung in den entscheidenden drei Stufen des Unternehmens:

 

- Arbeitsplatz hier werden die Leistungserwartungen und das Arbeitsumfeld definiert

- Geschäftsprozess hier werden die einzelnen Funktionen innerhalb der Geschäftsprozesse definiert

 - Organisation hier wird die Unternehmensstrategie und die Unternehmenskultur definiert

 

Jeder Mitarbeiter einer Organisation ist ein Leistungsträger, der in allen drei Stufen seine Leistung erbringt. Fachkenntnisse stellen hierbei nur einen kleinen Teil der Leistungsanforderungen dar und Trainingsmaßnahmen sind nur dann erfolgreich, wenn diese in das gesamte Leistungssystem, die Geschäftsprozesse und die Unternehmensstrategie eingepasst werden. Alle Personalmaßnahmen müssen zielgerichtet sein und das Unternehmen in seinen Zielen direkt unterstützen. Die Realität zeigt aber, dass dies nur sehr selten in die Tat umgesetzt wird.

 

Nehmen sie ganz einfach die sensationelle Mitteilung der Erziehungsbehörden in Thailand, dass man nun endlich damit beginnen wolle die Schüler und Studenten zum eigenen Denken anzuregen und den hierfür nötigen Rahmen schaffen will. Dieser durchaus erfreuliche Ansatz verrät aber auch, dass das bisherige Ausbildungssystem eigenständiges Denken nicht gefördert hat. Die in ihrem Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter stammen also noch aus dieser Zeit und haben hier mit Sicherheit einen Nachholbedarf. Was nutzt es also, wenn sie einen Mitarbeiter in ein technisches Produkttraining schicken, wenn derselbe Mitarbeiter nicht über ausreichend Voraussetzungen zum logischen Denken oder der logischen Weiterentwicklung von Ideen oder Fakten verfügt? Wollen Sie ihre Mitarbeiter bei jeder Produktänderung erneut in ein entsprechendes Training schicken oder wäre es nicht sinnvoller die Versäumnisse des thailändischen Ausbildungssystems auszuschalten und die Mitarbeiter in logischem Denken zu schulen? Die Auswirkungen des alten Systems auf thailändische Mitarbeiter sind in vielen Bereichen offensichtlich und man kommt immer wieder zu dem Ergebnis, dass selbst offensichtliche Schlussfolgerungen von den Mitarbeitern nicht getroffen werden. Dieses Problem kann gelöst werden, bedarf aber einer konsequent durchgeführten Personalplanung und Entwicklung.

 

Dies beginnt bereits damit, dass sie die Position des Human Resource Managers mit einer ausreichend qualifizierten Person besetzen und in alle Vorgänge des Unternehmens voll mit einbeziehen. Dies beinhaltet, dass der Leiter der Personalabteilung in alle Entscheidungen von strategischer Bedeutung einbezogen wird und ausreichende Kenntnisse von allen Vorgängen betreffend Produkte, Märkte, Kunden und Mitbewerber erhält. Wie sonst soll eine sinnvolle und auf das Unternehmen abgestimmte Personalpolitik erarbeitet und durchgesetzt werden? Nun sagen sie selbst, wie oft wurde ihr Personalleiter zu Besprechungen eingeladen, in denen es um die Einführung neuer Produkte oder die Festlegung einer neuen Marketingstrategie ging?

 

Personalleiter bewegen sich zu oft in einem Elfenbeinturm und werden von den Abteilungen auch nur dann in Anspruch genommen, wenn hierzu aktueller Bedarf besteht. Durchaus sinnvoll wäre jedoch die aktive Beteiligung der Personalabteilung im Vorfeld solcher Entscheidungen. Hierdurch ließe sich auch weitgehend vermeiden, dass bei Rückgang des Geschäftes plötzlich festgestellt werden muss, dass zu viele Mitarbeiter an Bord sind. Eine weitsichtige Personalplanung kann diesen Entwicklungen schon zu einem frühen Zeitpunkt entgegen steuern und so drastische Massenentlassungen vermeiden oder doch entschärfen.

 

Professionelle Personalplanung und Entwicklung wird in Thailand nur selten praktiziert und die Mehrheit der Firmen belässt diese Aufgabe bei der bloßen Verwaltung der Mitarbeiter. In den letzten Jahren hat sich dies in extremer Fluktuation niedergeschlagen und wurde nur durch die Wirtschaftskrise und die Angst um den eigenen Arbeitsplatz etwas entschärft. Doch noch immer werden einem Lebensläufe vorgelegt, die sich allesamt darin auszeichnen, dass der oder die Betreffende es nicht länger wie ein Jahr bei derselben Firma ausgehalten hat. Kulturelle Eigenheit oder Versagen der Personalpolitik? Nun, es gibt auch andere Beispiele bei denen Mitarbeiter gerne über einen langen Zeitraum bei der selben Firma bleiben und gar nicht an einen Wechsel denken. Den weitverbreiteten Irrtum, dass der Grund hierfür in einem höheren Gehalt zu sehen sei, teilen wir nicht. Aus vielen Gesprächen haben wir gelernt, dass vor allem junge Thailänder Erfolg haben und Karriere machen wollen. Statt dessen finden sie sich zu oft in einer Einbahnstraße wieder, die es ihnen nicht erlaubt an verantwortungsvolle Positionen des eigenen Unternehmens heranzukommen. Wenn Karrieremöglichkeiten verbaut sind oder nicht erkannt werden und das Engagement des Mitarbeiters weder gesucht noch honoriert wird, dann ist der Wechsel bereits vorprogrammiert.

 

Gute Mitarbeiter sind schwer zu finden und gute Firmen ebenso. Geld und Sozialleistungen alleine bringen keine guten Leute und entsprechende Statistiken in Thailand bestätigen, dass Thailänder sehr wohl auch das Image der Firma und deren Auftreten in der Öffentlichkeit zu Rate ziehen, wenn es um einen neuen Job geht. Personalberater helfen hier kaum weiter, zumindest wenn es um qualifizierte Mitarbeiter geht, denn Zukunftsperspektiven oder Karrieremöglichkeiten werden hier nicht aufgezeigt. Das Unternehmen muss sich schon selbst darstellen, um gute Mitarbeiter für sich zu gewinnen.

 

Wenn gute Mitarbeiter schwer zu finden sind, dann ist es noch schwerer sie auf die Dauer zu behalten. Die Personalentwicklung kann dabei nicht den einzelnen Abteilungen überlassen werden, sondern bedarf einer zentralen Steuerung. Dies gestaltet sich jedoch in vielen Fällen ausgesprochen schwierig, da die Personalabteilungen oft über keinerlei brauchbare Informationen verfügen. Wird ein Computersystem für die Buchhaltung von allen Managern für notwendig erachtet, so wird ein entsprechendes System für die Personalabteilung weitgehend als überflüssig betrachtet. Modernes Personalmanagement kann jedoch ohne professionelle Unterstützung durch moderne Informationstechnologie nicht viel erreichen und bleibt daher bei guten Vorsätzen stecken. Aktuelle und umfangreiche Informationen zur Vorbildung, Karriere, Weiterbildung, Erfahrung oder Leistung des einzelnen Mitarbeiters sind für die Förderung und die Ausbildung der Mitarbeiter unentbehrlich.

 

Die konsequente Investition in die eigenen Mitarbeiter ist weiterhin die einzige Möglichkeit den eigenen Erfolg auf die Dauer zu sichern. Dies erfordert auch die Neudefinition der Rolle der Personalabteilung und eine entsprechende Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Dabei sollte es das Ziel eines jeden Unternehmens werden, dass gute Leute das Unternehmen finden und nicht umgekehrt.