schneeraben.de - Philosophische Reisevorbereitungen von Thomas H. Jäkel

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Das Skriptorium

 

 

Tue Gutes und rede darüber

von Thomas H. Jäkel

 

 

Die alte Schule des Vertriebs ist über die Jahre bei Unternehmen in Vergessenheit geraten und vor allem in Thailand fällt auf, dass Vertriebsmitarbeiter nur selten mit dem nötigen Handwerkszeug ausgestattet werden. Ganz offensichtlich wird die Aufgabe von vielen unterschätzt. Immer wieder muss man die leidvolle Erfahrung machen, dass gute Ideen und Produkte ganz einfach deshalb nicht zum Zuge kommen, weil der betreffende Manager im Verkaufsgespräch und vor allem in Präsentationen nicht überzeugen kann. Zu schnell und zu oft wird die Schuld am negativen Ausgang dann dem Kunden übertragen, der mal wieder nichts verstanden hat oder ja ohnehin gar nicht interessiert war. Eigenkritik und der Mut sich zu verbessern bleibt da zumeist auf der Strecke und das Unternehmen hat den Schaden.

 

Verkaufen und Präsentieren ist eine Kunst, die erlernt werden kann. Diese Wertschätzung wird jedoch nicht von allen Managern geteilt. Techniker, Buchhalter, Designer oder Entwickler werden wegen ihrer Aufgabe und Ausbildung geschätzt, wobei Vertriebsmitarbeiter als einfache Verkäufer abgetan werden. Nun, in vielen Fällen sind sie das ja auch und verdienen sicherlich auch keinerlei gesteigerte Wertschätzung. Da nun aber ein jedes Unternehmen ganz wesentlich vom Verkaufserfolg abhängig ist, verwundert es doch sehr, dass ausgerechnet dieser tragenden Säule des Unternehmens viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird. Und bei genauerem Hinsehen ist jeder Mitarbeiter, der mit Kunden in Kontakt kommt, ein Vertriebsmitarbeiter.

 

Ausländische Manager in Thailand stehen dem Problem noch hilfloser gegenüber, da bereits die Sprache eine direkte Überprüfung der Qualität der Mitarbeiter unmöglich macht und der Faktor „das mache man so hier in Thailand“ allgegenwärtig ist. Aber auch die Präsentationen ausländischer Manager sind in zu vielen Fällen weit davon entfernt, den thailändischen Kunden auch nur irgendwie zu überzeugen. Ist es nur die Sprache oder wäre es an der Zeit so „banalen“ Fähigkeiten wie Kommunikations- und Präsentationstechnik mehr Aufmerksamkeit zu widmen?

 

„Präsentation am Freitag beim Kunden? Kein Problem, das hab ich ja schon oft gemacht, lassen sie mich nur wissen wann und wo?“. Das ist der Beginn einer allgemein gefürchteten Standardpräsentation, die nicht nur den Kunden langweilt, sondern auch die Reputation der eigenen Firma in Frage stellt. Jedes Gespräch und jede Präsentation ist die Visitenkarte des Unternehmens und zeigt ihre Wertschätzung gegenüber dem Kunden. Wer will schon mit einem Standardvortrag abgespeist werden? Schließlich hat sich der Kunde ja auch die Zeit genommen, sich stundenlang in die Präsentation zu setzen, da man hoffte auf die drängenden Fragen eine ordentliche Antwort zu bekommen. Indes stört es viele Manager nur wenig, welche Anforderungen der Kunde hat, wer gerade anwesend ist oder welchen Hintergrund die einzelnen Zuhörer mitbringen. So überrascht es kaum, dass in Präsentationen immer wieder mit langatmigen Vorstellungen der eigenen Firmenorganisation begonnen wird und selbst nach Stunden wurde nicht ein einziger sinnvoller und direkter Bezug zum Kunden und dessen Firma hergestellt.

 

Vielleicht wird dies in Europa lediglich als langweilig abgetan. Hier in Thailand hat dies weitreichendere Folgen, da dem persönlichen Verhältnis zwischen Geschäftspartnern ein viel höherer Stellenwert beigemessen wird. In einem Falle durften wir als Berater miterleben, wie der Kunde sich ganz bewusst in einem großen Projekt gegen eine technisch und preislich bessere Lösung entschieden und den Vorzug einer anderen Firma gegeben hat. Die Vor- und Nachteile dieser Entscheidung waren dem thailändischen Kunden durchaus bewusst, jedoch hat schließlich den Ausschlag gegeben, dass man sich bei der anderen Firma einfach besser verstanden fühlte und somit an einen besseren Projekterfolg glaubte. Die unterlegene Firma hat dies erkannt und umgehend die Schulung ihrer Mitarbeiter eingeleitet.

 

Thailändische Kunden gehen mit derselben Einstellung in Präsentationen wie das die Kunden in Europa tun. Der Unterschied muss eher darin gesehen werden, dass thailändische Kunden nicht nur auf die nackten Fakten sehen und sich für das beste Preis/Leistungsverhältnis entscheiden, sondern in vielen Fällen beeindruckt und „hineingeredet“ werden wollen. Der thailändische Hang zu Markennamen und bekannten Firmennamen ist bekannt und steht dafür, dass man für sein Geld etwas Besonderes und Vorzeigenswertes erhalten will. Auf keinen Fall will der thailändische Kunde mit den Fakten allein gelassen und schon gar nicht zur logischen Verarbeitung der Fakten gezwungen werden. Das Produkt muss nicht nur gut sein, sondern auch gut präsentiert werden. Produktimage und Reputation der Firma sind von entscheidender Bedeutung und sofern dies nicht von selbst erkennbar ist, muss dies im Gespräch und in Präsentationen entsprechend vermittelt werden.

 

Auswahl und Ausbildung gerade von Vertriebsmitarbeitern muss sich in Thailand an den Besonderheiten des Landes orientieren und nahezu alle Mitarbeiter benötigen neben dem fachlichen Produkttraining in jedem Falle auch professionelles Training in den Bereichen Kommunikations- und Präsentationstechnik. Die Gründe hierfür sind verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass für Thailänder die Darstellung der eigenen Person und extrovertiertes Verhalten außerordentlich unangenehm sind. Konfrontiert mit hochrangigen Kundenvertretern entwickeln thailändische Mitarbeiter nicht nur ein eher unterwürfiges Verhalten, sondern neigen auch dazu das Produkt zugunsten des eigenen „Überlebens“ zu opfern. Bei allzu dynamischen Managern führt dies andererseits auch zur unverzeihlichen Überschreitung thailändischer Verhaltensregeln, da in dieser Stresssituation der angemessene Ausgleich von westlichen und thailändischen Verhaltensweisen nicht mehr kontrollierbar ist. In beiden Fällen geht es letztlich nicht mehr um das Produkt, sondern vielmehr um das Überleben in der Präsentation und die Bewahrung des eigenen Gesichts.

 

Die Vorbereitung einer professionellen Präsentation erfordert unter anderem die genaue Analyse der Zuhörer und eine entsprechende Einbindung der Teilnehmer der Präsentation. Getragen von allgemeinen Denkweisen und Vorurteilen werden Kunden in der Regel nicht individuell behandelt, sondern eher als Gruppe. Das Management, die Ausländer, die Anwender sind bekannte Kategorien und nicht die Person im Einzelnen. Gerade der Widersacher beim Kunden wird so natürlich gerne ignoriert, da Thailänder nun ja eine bekannte Abneigung zu Problemlösungen mitbringen. Widersacher werden schon deshalb in Ruhe gelassen, weil sich daraus nach allgemeiner Meinung nur Probleme und sogar persönliche Konflikte ergeben können. Die Fähigkeit mit solchen Situationen offen und aktiv umzugehen wird in Thailand nicht ausreichend vermittelt. Der Manager wird daher eher den einfachen Weg suchen und am Problem vorbeigehen. Auf diese Weise sind natürlich die Widersacher nicht für die eigene Sache zu gewinnen und die Bearbeitung des Problems ist verschoben.

 

Die wirtschaftliche Entwicklung in Thailand hat auch eine geänderte Erwartungshaltung bei Kunden und Entscheidungsträgern zur Folge. Zwar wird noch immer das thailändisch korrekte Verhalten erwartet, jedoch vermischt sich dies mehr und mehr mit klaren Anforderungen an Professionalität. Der Kunde erwartet die Beantwortung seiner Fragen, das Aufzeigen von Vorteilen und zunehmend auch die Beratung bei wichtigen Entscheidungen. Das Eingehen auf den Kunden, aber vor allem das konsequente und selbstbewusste Vertreten des eigenen Produktes gewinnt zunehmend an Bedeutung. Selbstbewusstsein ist jedoch nicht die berühmteste Eigenschaft der Thailänder und gut gemeinte Versuche enden leider oft in unbeholfener Darstellung von Arroganz. Wenngleich ausländische Manager dies oft als positive Entwicklung werten, da dies unserem Bild eines dynamischen Managers eher entspricht, so werden diese Mitarbeiter beim Kunden in der Regel keinen Erfolg erzielen.

 

Auch ausländische Manager haben sichtbar Probleme sich überzeugend in Präsentationen zu verkaufen und wie bei ihren thailändischen Kollegen wird kaum auf Rhetorik, Körpersprache, Argumentation oder auf einen geeigneten Aufbau der Präsentation geachtet. Standardpräsentation erleichtern zwar den Vortrag, halten aber den Manager immer wieder davon ab, sich mit dem Kunden und dessen Erwartungen eingehend zu beschäftigen. Thailändischen Managern und Mitarbeitern werden diese Fehler nicht so einfach verziehen und der Mitarbeiter wird als nicht kompetent bewertet. Diesem Schicksal folgt dann auch die Bewertung des Produktes. Die Nachteile liegen auf der Hand.

 

Die firmeninterne Ausbildung der Mitarbeiter muss diesen Umständen Rechnung tragen. Unternehmen müssen ihren thailändischen aber auch ausländischen Mitarbeitern entsprechende Lehrgänge und Trainingsveranstaltungen in Kommunikations- und Präsentationstechnik anbieten, um eine effektive und professionelle Repräsentation der eigenen Produkte zu gewährleisten. Aufgrund des hiesigen Ausbildungssystems ist dies keine einfache und sicherlich auch keine kurzfristige Maßnahme. In jedem Falle sind diese Maßnahmen jedoch notwendig und gerade in Zeiten allgemeiner wirtschaftlicher Probleme unverzichtbar.